Kind mit Geburtsschaden erhält neben Schmerzensgeld auch eine Schmerzensgeldrente

Wegen eines ärztlichen Fehlers wird ein heute 13-jähriges Mädchen lebenslang auf Hilfe angewiesen sein. Das wirkt sich auch auf die Haftung des verantwortlichen Mediziners aus.

Wegen eines groben Befunderhebungs- und Aufklärungsfehler während der Geburt wusste eine werdende Mutter nicht, dass bei ihr ein Kaiserschnitt geboten war. Sie gebar daher ohne operative Unterstützung. Die Folgen waren dramatisch. Das Kind kam klinisch tot zur Welt und musste reanimiert werden. Zwar überlebte das Neugeborene, es trug allerdings trug schwere Hirnschäden davon, die sein Leben bis heute massiv beeinträchtigen.
Das heute 13-jährige Mädchen ist nach wie vor auf den Rollstuhl angewiesen, seine Sprache ist nur schwer zu verstehen – und wird es wohl auch bleiben. Nach Aussage des Gutachters dürfte das Mädchen zudem die Berufsschulreife mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreichen und dauerhaft in einer selbstständigen Lebensführung beeinträchtigt sein.  Hinzu kommen inzwischen erhebliche psychische Belastungen, da sich der Teenager mit Gleichaltrigen vergleicht.

Vor Gericht stellte sich daher die Frage, wie das Mädchen für sein Leid zu entschädigen ist.

Schmerzensgeld: Rente kann neben Einmalzahlung treten

Grundsätzlich gibt bei der Festsetzung von Schmerzensgeld zwei Grundformen: Zum einen die Zahlung eines einmaligen Kapitalbetrags, zum anderen eine Rente. Allerdings stehen die beiden Varianten nicht in einem Entweder-Oder-Verhältnis. Sie lassen sich auch kombinieren.
Wer durch einen Behandlungsfehler schwere Dauerschäden davongetragen hat, kann daher vielfach neben dem Kapitalbetrag auch eine Rente beanspruchen. Sie soll den bereits eingetretenen immateriellen Schaden abgelten und zugleich der Dauerbeeinträchtigung des oder der Betroffenen Rechnung tragen.

Komplexe Berechnung

Auch im konkreten Fall bejahten die Richter ein Nebeneinander von Rente und Kapitalbetrag. In Anbetracht der Gesamtsituation des Mädchens, dessen gesundheitliche Beeinträchtigungen nur durch eine ständige Betreuung und die Hilfe Dritter kompensiert, aber nicht gebessert werden können und die ihr ein eigenständiges Leben unmöglich machen, hielt das OLG Rostock ein Gesamtschmerzensgeld von 380.000 Euro für angemessen.
Zudem sprach das Gericht dem Mädchen eine Schmerzensgeldrente von 750 Euro pro Monat zu. Allerdings wirkt sich deren Zahlung auf die einmalig zu gewährende Schadenersatzzahlung aus:  Da der abgezinste Kapitalwert der Rente zusammen mit der Kapitalabfindung in der Summe dem angemessenen Schmerzensgeld entsprechen soll, erhielt das Mädchen daher einen Einmalbetrag von 200.000 Euro und bezieht zudem die monatliche Schmerzensgeldrente von 750 Euro (OLG Rostock, Az. 5 U 91/17).

Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Medizinrecht:

Der Fall belegt, dass die Bemessung des Schmerzensgeldes bei Geburtsschäden alles andere als trivial ist.  Im obigen Fall etwa die Summe geringer, weil das Opfer des Behandlungsfehlers trotz seiner Schädigung gewisse Fähigkeiten hat. Dass dadurch auch ein Bewusstsein für das eigene Anderssein besteht und zusätzliches Leid verursacht, muss jedoch ebenfalls berücksichtig werden. Um in Arzthaftungsfragen von Anfang an die Weichen richtig zu stellen, sollten Patienten daher frühzeitig einen spezialisierten Rechtsanwalt aufsuchen.

Anwalt bei Geburtsschaden?

Wie die Aussichten in Ihrem konkreten Fall stehen, kann Rechtsanwalt Jürgen Wahl als Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht gut beurteilen.
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