Welche Ansprüche stehen einem Patienten bei einem Behandlungsfehler zu?
Die Ansprüche, die einem Patienten nach Eintritt eines Behandlungsfehlers zustehen, richten sich nach dem tatsächlich eingetretenen Schaden. Die Rechtssprechung unterscheidet zwischen dem sogenannten materiellen und dem immateriellen Schadenersatz.
Als „materielle Schäden“ werden dabei sämtliche „greifbare“ Schadenpositionen verstanden, die durch die Schlechtbehandlung verursacht wurden.
Häufig sind Patienten, die Opfer eines Behandlungsfehlers wurden, über einen bestimmten Zeitraum nicht in der Lage, ihren Haushalt selbst zu führen oder einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. In diesem Fall können Sie wahlweise die Kosten für eine Haushaltshilfe oder einen Ersatz des hierfür angefallenen Haushaltsführungsschadens verlangen. Auch den Verdienstausfallschaden hat der Haftpflichtversicherer des Arztes zu ersetzen, wenn dieser als Schaden kausal nachgewiesen wird.
Zu den materiellen Schäden zählen ferner die Kosten für Heil- und Hilfsmittel sowie für die weitere ärztliche Versorgung, die aufgrund der ärztlichen Fehlbehandlung erforderlich wird. Auch die Fahrtkosten, die der Patient selbst oder seine Angehörigen für die Folgebehandlung aufwenden müssen, können als Schadenersatz geltend gemacht werden. Daneben sind auch weitere Positionen (wie zum Beispiel Kosten eines durch einen Behandlungsfehler bedingten Reiserücktritts) ersatzfähig. Um die einzelnen Schadenspositionen korrekt ermitteln zu können, empfiehlt es sich, über sämtliche Ausgaben, die in Verbindung mit der Schlechtbehandlung stehen, genau Buch zu führen und diese mit Ihrem Rechtsanwalt zu besprechen. Erfahrungsgemäß werden hier häufig erhebliche Ansprüche von unerfahrenen Anwälten oder Laien, die sich selbst vertreten, übersehen.
Darüber hinaus hat der geschädigte Patient möglicherweise auch Ansprüche auf ein Schmerzensgeld als sogenannten immateriellen Schadensersatz. Hiermit sollen die eingetretenen Körperschäden und Schmerzen entschädigt und alle Unannehmlichkeiten, seelische Belastungen und sonstigen Unwohlgefühle wiedergutgemacht werden. Die Höhe des Schmerzensgeldes ist nicht abschließend definiert. Als Richtschnur für die Schmerzensgeldhöhe wird das Gericht üblicherweise auf bereits vorhandene Gerichtsentscheidungen, denen ähnlicher Sachverhalte und Relationsbilder zugrunde lagen, zurückgreifen. Hierfür existieren umfangreiche Urteilssammlungen (sogenannte Schmerzensgeldtabellen), wie zum Beispiel die „Beck‘sche Schmerzensgeld-Tabelle“ oder die Schmerzensgeldbeträge von Hacks/Wellner/Häcker. In der Praxis gestaltet sich ein Vergleich der einzelnen Sachverhalte jedoch oftmals als schwierig, da üblicherweise jeder Einzelfall individuelle Besonderheiten aufweist.
Unbedingt sollte bei der Geltendmachung der Arzthaftungsansprüche auch an die zukünftigen Ansprüche gedacht werden: Arzthaftungsansprüche verjähren üblicherweise in einem Zeitraum von dreiJahren ab Kenntniserlangung von dem Behandlungsfehler, jeweils zum Jahresende. Da bei vielen Behandlungsfehlern eine sich erst nach Jahren verwirklichende Gesundheitsschädigung oder eine spätere Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht ausgeschlossen werden kann, ist es notwendig, auch langfristig diese Ansprüche abzusichern. Hierzu empfiehlt sich ein entsprechendes Anerkenntnis des Arztes oder des Haftplichtversicherers, ein langjähriger Verjährungsverzicht oder die gerichtliche Feststellung, dass der Behandler auch für die Zukunft verpflichtet ist, dem Geschädigten sämtliche aus der Fehlbehandlung resultierenden Schäden zu ersetzen.
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