Soll ich wirklich gegen meinen Arzt/Zahnarzt vorgehen?

Unsere Antwort: „Ja!“

Erfahrungsgemäß fällt es vielen Patienten schwer, gegen ihren ehemaligen Arzt oder Zahnarzt vorzugehen, schließlich bestand zuvor ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis. Fehler können schließlich jedem einmal passieren, so der Gedanke vieler Geschädigter. Dieser Gedankengang ist durchaus nachvollziehbar, jedoch soll der behandelnde Arzt oder Zahnarzt in einem Arzthaftungsverfahren nicht mit persönlichen Vorwürfen konfrontiert oder gar an den Pranger gestellt werden. Im Vordergrund steht stattdessen eine objektive Sachaufklärung. Nur wenn die Ursachen und Sachverhalte, die zu den Behandlungsfehlern geführt haben, objektiv untersucht und aufgearbeitet werden, kann es in Zukunft gelingen, derartige Fehler zu vermeiden. Aus diesem Grund investieren die gesetzlichen Krankenkassen jedes Jahr zweistellige Millionenbeträge in die Unterstützung ihrer Versicherten bei der Aufklärung und Prüfung von Behandlungsfehlern. Im Vordergrund eines jeden Behandlungsfehlerverfahrens steht damit der Anspruch der stetigen Qualitätsverbesserung und der Optimierung von Behandlungsabläufen. Nur wenn Behandlungsfehler konsequent untersucht werden, kann es gelingen, Schwachstellen in den Behandlungsabläufen aufzudecken und zu beheben.

Hinzu kommt, dass jeder Arzt oder Zahnarzt aufgrund der Regelungen in der Berufsordnung verpflichtet ist, eine Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten. Der Irrglaube, Ihr Arzt müsse Sie aus eigener Tasche entschädigen und Schmerzensgeld und Schadensersatz an Sie auszahlen, geht daher in der Sache fehl. Stattdessen wird sich bereits frühzeitig ein Haftplichtversicherer für Ihren Arzt oder Zahnarzt melden, der auch den weiteren Schriftverkehr für diesen abwickeln wird, sodass der Behandler in dem Verfahren weitestgehend außen vor bleibt. Aufgabe dieses Haftplichtversicherers ist es, Ihren Behandler von sämtlichen Haftungsansprüchen freizuhalten oder diese abzuwehren. Hierfür hat Ihr Arzt/Zahnarzt jahrelang Beiträge eingezahlt, damit seine Patienten im Fall der Fälle angemessen entschädigt werden können.

Unsere Erfahrungen zeigen, dass viele Behandler unter der Hand den Behandlungsfehler gegenüber ihren Patienten sogar einräumen, obwohl sie offiziell (aufgrund der versicherungsvertraglichen Vereinbarungen mit ihrer Haftplichtversicherung) zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Dies zeigt, dass viele Behandler sehr wohl kritikfähig sind und ihren Patienten bei einem Arzthaftungsverfahren beistehen würden, wenn ihnen von ihren Versicherern kein „Maulkorb“ verpasst worden wäre. Ein Arzthaftungsverfahren muss also nicht zwingend einen Bruch in der Vertrauensbeziehung Arzt-Patient bedeuten.

Weiterlesen: Ablauf des Arzthaftungsverfahren