Mangelnde Compliance: Worüber Zahnärzte vor chirurgischen Eingriffen warnen müssen
Rauchen gefährdet die Gesundheit – und den Erfolg von Operationen im Mundraum. Das müssen Zahnärzte und Kieferchirurgen ihren Patienten klarmachen. Doch welche Anforderungen sind daran zu stellen? Eine aktuelle Entscheidung gibt Aufschluss.
Damit der Patient wirksam in eine Behandlung einwilligen kann, müssen Ärzte ihn vorab in einem persönlichen darüber informieren, welche Chancen und Risiken die geplante Behandlung im Großen und Ganzen bietet. Und wie sie voraussichtlich ablaufen wird. Nur so wird der Patient in die Lage versetzt, eine informierte Entscheidung darüber zu treffen, ob er die fragliche Therapie wünscht oder nicht. Das gilt auch und erst recht vor chirurgischen Eingriffen. Doch wie weit geht die Aufklärungspflicht in jedem konkreten Fall?
Diese Frage ist immer wieder Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen. So auch in einem Fall, den gerade das Oberlandesgericht (OLG) Celle zu entscheiden hatte.
Ein bisschen Mitdenken kann verlangt werden
Im verhandelten Fall ging es um einen Patienten, der von seinem Behandler fest eingesetzte Zahnprothesen erhalten sollte. Im Vorfeld der Behandlung erhielt er standardmäßig auch den Hinweis, dass ihm nach der Operation vom Konsum von Alkohol und Nikotin abgeraten werde, da diese Stoffe die Einheilung des Zahnersatzes verlangsamen oder gar vereiteln können.
Als seine Operationswunden nicht wie gewünscht heilten, klagte der Patient und monierte, er sei im Vorfeld des Eingriffs nicht ausreichend aufgeklärt worden. Insbesondere habe man ihn nicht über das allgemeine Risiko eines Misserfolges informiert, sondern lediglich auf die Risiken seines eigenen Verhaltens hingewiesen.
Ärzte müssen nur auf „spezifische Risiken“ hinweisen
Das OLG Celle wies die Klage ab. Zwar könne man nicht davon ausgehen, dass „jedem Patienten klar ist bzw. klar sein sollte, dass chirurgische Leistungen nicht grundsätzlich immer gelingen müssen.“ Für eine ausreichende Aufklärung genüge es jedoch, wenn der Arzt dem Patienten im Vorfeld erkläre, inwiefern sein Verhalten den Erfolg eines Eingriffs gefährden könne (Az.: I U 52/22).
Vorliegend habe der Patient daher um das grundsätzliche Risiko eines Misserfolgs wissen müssen, da dieses im Zusammenhang mit seiner Lebensführung zur Sprache kam. Er habe von dem „möglichen Risiko des Fehlschlags“ ausgehen müssen, selbst wenn er das Rauchen einstellen würde.
Das Gericht verneinte damit einen Aufklärungsfehler des Arztes und entsprechend auch Schadenersatzansprüche des Patienten.
Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Medizinrecht:
Die Aufklärung und die Einwilligung des Patienten sind deshalb so wichtig, weil rechtlich jede Maßnahme, die unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf die körperliche Unversehrtheit, das Wohlbefinden oder die Psyche des Patienten hat, als Körperverletzung angesehen wird. Eine solche Körperverletzung ist – auch wenn der Arzt sie zum Zwecke der Heilung durchführt – nur dann nicht rechtswidrig, wenn sie durch eine wirksame Einwilligung gedeckt ist.