Privatgutachten im Arzthaftungsprozess: Wer trägt die Kosten?

Wer im Rahmen von gerichtlichen Auseinandersetzungen einen selbst gewählten Sachverständigen mit einem Gutachten beauftragt, bleibt in der Regel auf den Kosten sitzen. Bei medizinrechtlichen Fragen aber gelten vielfach Ausnahmen – zumindest für eine Seite.

Richter entscheiden zwar die Rechtsfragen um Arzthaftungsprozesse. Um komplexe medizinische Sachverhalte bewerten zu können, sind sie jedoch auf die Hilfe von Sachverständigen angewiesen. Diese werden im Normalfall vom Gericht ausgewählt und beauftragt.

Nicht selten allerdings entwickeln sich Arzthaftungsprozesse zu regelrechten Gutachterschlachten. Dann nämlich, wenn die Prozessparteien zusätzlich noch eigene Sachverständige mit einer Stellungnahme beauftragen. In einer solchen Konstellation stellt sich die Frage, wer für die (oft erheblichen) Kosten dieser Privatgutachten aufkommen muss.

Wer die Musik bestellt, muss zahlen – meistens jedenfalls

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können einer Partei nämlich nur solche Kosten erstattet werden, die für Maßnahmen anfallen, die eine verständige und wirtschaftliche vernünftig denkende Partei als sachdienlich ansehen darf. Das Honorar für einen Privatgutachter zählt damit im Normalfall nicht zu den Kosten des Rechtsstreits.

Doch von dieser Regel gibt es Ausnahmen. Das hat vor Kurzem auch das Oberlandesgericht München bestätigt (Az. 11 W 1457/20). Danach sind die Kosten eines prozessbegleitend privat eingeholten Sachverständigengutachtens zumindest dann erstattungsfähig, wenn das Gutachten unmittelbar prozessbezogen ist und die eigene Sachkunde der Partei nicht ausreicht, einen gebotenen Beweis anzutreten bzw. die Angriffe des Gegners sachkundig abzuwehren.

Mehrere tausend Euro für Privatgutachten

Im konkreten Fall ging es um zwei Privatgutachten, die ein Patient im Rahmen eines Arzthaftungsprozesses in Auftrag gegeben hatte, nachdem ein von der Schlichtungsstelle eingeholtes Gutachten einen Behandlungsfehler verneint hatte.

Um hierzu im Verfahren ausreichend vortragen zu können, gab er zunächst ein Gutachten in Auftrag und nahm auf dessen Aussagen auch mehrfach Bezug. Das zweite Gutachten forderte er an, um sinnvolle Vergleichsverhandlungen führen und den ihn entstandenen Schaden beziffern zu können. Der Sachverständigen sollte unter anderem die Auswirkung des Gesundheitsschadens auf verschiedenen Lebensbereiche klären, da der Patient selbst nicht über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügte.

Für das OLG München war das ausreichend, um die Kosten in Höhe von fast 3500 Euro für erstattungsfähig zu erklären. Nach Meinung des Gerichts ist die Einholung eines Privatgutachtens ist in der Regel nämlich bereits dann sachdienlich, wenn die Sachkunde einer Partei für ein klaren Urteil in tatsächlicher Hinsicht nicht ausreicht, um die eigenen Ansprüche zu belegen oder sich gegen die Ansprüche des Prozessgegners zur Wehr zu setzen.

Patienten bekommen Kosten erstattet, Ärzte (meist) nicht

Für Patienten, die ihren Arzt auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld verklagen, ist die Entscheidung sehr erfreulich. Denn damit dürften die Kosten eines Privatgutachtens in Arzthaftungsprozessen nicht nur ausnahmsweise, sondern regelmäßig als erstattungsfähig gelten. Schließlich verfügen nur die wenigsten Patienten über vertiefte medizinische Fachkenntnisse.

Auf der Gegenseite indes dürfte eine Erstattungsfähigkeit der Kosten so gut immer zu verneinen sein, da der beklagte Arzt in der Regel die erforderliche Expertise besitzt. Hier ist höchstens denkbar, dass spezifische Fachfragen aus einem anderen Fachgebiet für den Ausgang des Prozesses relevant werden, und der Mediziner deshalb die Experteneinschätzung eines Gutachters benötigt.