Geburtsschaden: Krankenhaus muss Mehrkosten einer Auslandsreise ersetzen

Wer aufgrund eines Fehlers bei der Geburt mit schweren Behinderungen lebt, hat auch im Erwachsenenalter noch Ansprüche gegen die verantwortliche Klinik.
Eine junge Frau ist aufgrund eines Geburtsfehlers schwerbehindert. Sie kann ihre Wünsche und Bedürfnisse nicht artikulieren und ist rund um die Uhr auf Betreuung angewiesen. Die Klinik zahlt deshalb Schmerzensgeld und Schadenersatz.
Zudem schließend die Eltern der inzwischen erwachsenen Frau eine Vereinbarung mit dem Krankenhausträger, dass Pflege- und Betreuungskosten, die ab Vollendung des 25. Lebensjahres entstehen, zu einem späteren Zeitpunkt neu geregelt werden. Auch heißt es in der Vereinbarung: „Unter Beachtung der dann vorliegenden medizinischen Notwendigkeit sind die tatsächlich entstehenden und konkret nachzuweisenden Kosten zu erstatten, unter Anrechnung gesetzlicher Leistungen sowie der Leistungen von Sozialversicherungsträgern.“
Weiteren Streit verhindern könnte diese Regelung allerdings nicht. Stattdessen musste jetzt der Bundesgerichtshof entscheiden, ob die Klinik auf die Mehrkosten für eine Urlaubsreise der jungen Frau bezahlen muss.

Warum es nicht auf den medizinischen Nutzen eines Urlaubs ankommt

Konkret ging es um eine Reise in ein auf die Bedürfnisse schwerbehinderter Menschen spezialisiertes Hotel auf Gran Canaria. Da die junge Frau nach wie vor einer Rundumversorgung bedarf, war es erforderlich, dass sie von drei Betreuungspersonen begleitet wurde. Während ein entsprechender Urlaub inklusive Flug für einen nicht behinderten Menschen 600 bis 800 Euro gekostet hätte, entstanden aufgrund des Rollstuhltransport und der Unterbringung in einem spezialisierten Hotel Kosten in Höhe von 1.740 Euro für die Behinderte selbst. Zudem fielen weitere 1.430 Euro für jede Begleitperson an. Diese Mehrkosten wollte das Klinikum allerdings nicht bezahlen. Der Fall wurde streitig und landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof. Der entschied:
„Ist ein Kind aufgrund einer fehlerhaften Geburt schwer behindert und entstehen dadurch Mehrkosten für eine Urlaubsreise, muss dafür die Haftpflichtversicherung des Entbindungsklinikums bzw. der Klinikträger aufkommen (Az. VI ZR 316/19). Dieser dürfe die Regulierung der Mehrkosten nicht mit den Argumenten verweigern, diese seien „nicht medizinisch notwendig“ und bzw. durch das bereits gezahlte Schmerzensgeld abgedeckt.
Das Schmerzensgeld diene nur dazu, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass die junge Frau bei einer Urlaubsreise „niemals den Genuss verspüren werde wie ein Mensch ohne die Beeinträchtigung, die sie durch die fehlerhafte ärztliche Behandlung erlitten habe“. Im vorliegenden Fall seien die Mehrkosten für die Urlaubsreise allerdings kein Ersatz für diese entgangene Freude, sondern ein klassischer Vermögensschaden, da sie durch die Betreuungsbedürftigkeit der Frau entstanden seien.