Schwerster Hirnschaden nach Routine-OP: Rekordschmerzensgeld für 17-jährigen Sportler

Bei der Versorgung eines simplen Knochenbruchs unterläuft dem Anästhesisten ein schwerer Fehler. Dieser macht einen jungen Mann für den Rest seines Lebens zum Pflegefall. Für das Landgericht Gießen Grund genug, ein nach deutschen Standards ungewöhnlich hohes Schmerzensgeld zu gewähren.
Ein Teenager bricht sich beim Fußball das Nasenbein. Seine Ärzte empfehlen im, die Fraktur operativ zu behandeln – ein Routine-Eingriff, der in weniger als einer halben Stunde über die Bühne gehen soll. Eigentlich. Denn die Operation hat dramatische Folgen.
Da der Narkose-Arzt die Schläuche des Beatmungsgeräts nicht richtig angeschlossen hat, wird der Patient insgesamt 25 Minuten nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Der junge Sportler trägt dadurch schwerste Hirnschäden davon.

Dramatische Folgen eines Arztfehlers

Er leidet seither unter einem apallischen Syndrom (Wachkoma) und einer spastischen Lähmung aller vier Extremitäten (Tetraparese). Zudem hat er sein Sprechvermögen nahezu vollständig verloren, er kann nicht schlucken und leidet unter einer chronische Gastroparese. Dadurch muss er sich immer wieder erbrechen, hinzu kommen wiederkehrende Darmverschlüsse. Auch leidet Mann an einer posthypoxischen Epilepsie. Es besteht außerdem der Verdacht der kortikalen Blindheit.
Die Klinik hatte dem jungen Patienten freiwillig 500.000 Euro gezahlt, die Familie verlangte eine Million. Die 5. Zivilkammer des Landgerichts Gießen folgte dem zwar nicht. Sie hielt jedoch ein Schmerzensgeld von insgesamt 800.000 Euro für angemessen und sprach dem Mann daher weitere 300.000 Euro zu (Az. 5 O 376/18)
Ein Schmerzensgeld in dieser Höhe ist außergewöhnlich und wird sonst allenfalls bei Geburtsschäden mit schwerem Gesundheitsschaden gewährt.

Voll beherrschbares Risiko

Hier ging die ungewöhnlich hohe Summe unter anderem auf die Jugend des Patienten zurück sowie darauf, dass er einen Gesundheitsschaden erlitten habe, den die Richter als sehr schwerwiegend und kaum vorstellbar beschrieben. Der zum Zeitpunkt des Urteils 23-Jährige habe nicht weniger als seine Persönlichkeit eingebüßt. Er muss per Magensonde ernährt und sein Leben lang rund um die Uhr gepflegt und betreut werden.
Erschwerend hat die Kammer zudem gewürdigt, dass die Schädigung des Patienten auf eine fehlerhaften Bedienung des Beatmungsgeräts zurückging und damit aus dem Bereich eines voll beherrschbaren Risikos resultiere.

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