Arzthaftung: Aufklärung durch Dr. Google kann Gespräch mit dem behandelnden Arzt nicht ersetzen

Ein Patient, sucht einen Arzt auf, um eine ganz bestimmte Behandlung durchführen zu lassen. Über das gewünschte Verfahren hat er sich bereits im Internet informiert. Die Aufklärung ersetzt eine solche Recherche allerdings nicht….

Wegen einer degenerativen Wirbelsäulenerkrankung leidet ein Patient seit Jahren unter Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Als er sich im Jahr 2012 verhebt, verschlechtert sich sein Zustand drastisch. Er wird konservativ behandelt, hat aber weiterhin Beschwerden.

Fünf Jahre später, am 27.03. 2017, stellt sich der Mann in einer neurochirurgischen Praxis vor. Am 24.5.2017 bringt der dort tätige Arzt ein Hydrogelkissens mit Fehrfix an den Lendenwirbelkörpern 4/5 ein. Der gewünschte Erfolg der Behandlung bleibt jedoch aus. Und auch nach weiteren Behandlungen treten immer wieder Beschwerden auf.

Am Ende erleidet der Patient einem Bandscheibenvorfall.

Fragwürdige Methode

Der Mann verklagt daraufhin seinen Behandler auf Schmerzensgeld, unter anderem, weil dieser ihn nicht ausreichend über den Charakter des Eingriffs als „experimentelle Neulandmethode“ aufgeklärt und ihm auch keine Behandlungsalternativen aufgezeigt habe.

Der Arzt hält dagegen. Erstens sei das Verfahren ein etablierter Standard. Zweitens habe sich der Patient auch nach eigenem Bekunden online intensiv mit der Methode beschäftigt und diese bereits am 27.03.2017 mit einem Arzt besprochen.

Klare Ansage des Gerichts

Das Landgericht (LG) Dortmund urteilte dennoch zugunsten des Patienten. Seiner Meinung nach konnte der Arzt eine ordnungsgemäße Aufklärung nicht hinreichend darlegen und beweisen.

Zwar sei davon auszugehen, dass ein Aufklärungsgespräch stattgefunden habe, in dem Patienten die wesentlichen Risiken der Operation, etwa Blutungen, Infektion, Lähmungen und Gefühlsstörungen erläutert worden seien. Nicht zutreffend war es nach Auffassung des Gerichts jedoch, dass es sich bei der Hydrogeltherapie um eine Standardmethode handelt. Vielmehr seien die Erfolgsaussichten des Verfahrens unsicher, so dass nach den Ärzteleitlinien überwiegend von einer solchen Behandlung abgeraten werde.

Daher sei eine mangelnde Aufklärung trotz der etwaigen Vorkenntnis des Patienten nach wie vor zu bejahen. Zwar kann eine Vorkenntnis der für die Einwilligung wesentlichen Umstände eine Aufklärung nach § 630e Abs. 3 BGB entbehrlich machen Die eigeninitiativ vorgenommene Recherche könne die gebotene schonungslose Aufklärung, die den Patienten in die Lage versetzen soll, sorgfältig das Für und Wider der Behandlung abzuwägen, aber nicht ersetzen und den Arzt folglich auch nicht entlasten. Gleiches gelte für den Umstand, dass der Patient den Arzt wohl gezielt für eine solche Behandlung aufgesucht hatte (LG Dortmund, Az. 12 O 416/20). Deshalb stehe dem Patienten ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro zu.

Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungs- und Medizinrecht:

Dass eine Recherche im Internet eine ordnungsgemäße Aufklärung nicht ersetzen kann, sollte sich von selbst verstehen. Dennoch ist es erfreulich, dass das Landgericht diesen Umstand noch einmal klar herausstellt. Sie haben ebenfalls die Sorge, dass Ihr Arzt Sie nicht hinreichend informiert hat? Sprechen Sie mich an. Als Rechtsanwalt für Behandlungsfehler in Hanau stehe ich Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.

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Wie die Aussichten in Ihrem konkreten Fall stehen, kann Rechtsanwalt Jürgen Wahl als Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht gut beurteilen.
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