AGB-Kontrolle: BGH fällt Grundsatzurteil zu ärztlichen Aufklärungsformularen

Ein Arzt verwendet einen Vordruck, um über eine selbst zu zahlende Vorsorgeuntersuchung aufzuklären. Aus Sicht des Bundesgerichtshofs ist das nicht zu beanstanden – auch wenn ein solches Vorgehen in anderen Lebensbereichen wohl nicht erlaubt wäre.
Glaukome sind tückisch. Die auch als „Grüner Star“ bekannte Krankheit schädigt den Seh-Nerv irreversibel, wird aber oft erst spät bemerkt. Etwa eine Million Menschen in Deutschland leiden unter den Folgen der Krankheit. Früh erkannt, lässt sich Grüner Star zwar gut behandeln. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten der Vorsorgeuntersuchungen in Höhe von etwa 20 Euro allerdings nicht. Interessierte müssen sie deshalb aus eigener Tasche bestreiten.
So oder so ähnlich beginnen vielfach die Texte, mit denen in deutschen Augenarztpraxen über Selbstzahlerleistungen zur Glaukom-Prophylaxe informiert bzw. aufgeklärt wird. So auch in einem Fall, der nun den Bundesgerichtshof in Karlsruhe beschäftigte (Az. III ZR 63/20).
Im konkreten Fall ging es um ein Informationsblatt, dass ein Verband von Augenärzten seinen Mitgliedern an die Hand gegeben hat. Es enthält neben der allgemeinen Information auch die folgende Passage:
„Ich habe die Patienteninformation zur Früherkennung des Grünen Stars (Glaukom) gelesen und wurde darüber aufgeklärt, dass trotz des Fehlens typischer Beschwerden eine Früherkennungsuntersuchung ärztlich geboten ist.“
Darunter können der Patient die Möglichkeit, die Erklärungen „Ich wünsche eine Untersuchung zur Früherkennung des Grünen Stars (Glaukom)“ oder „Ich wünsche zurzeit keine Glaukom-Früherkennungsuntersuchung“, anzukreuzen.

Unzulässiger Druck auf dem Patienten?

Gegen diese Formulierung richtete sich die Klage eines Verbraucherschutzverbandes. Patienten würden durch die Wortwahl psychologisch unter Druck gesetzt, weil sie sich bei einer Ablehnung offen einem ärztlichen Rat widersetzen müssten. Die Passage müsse daher gestrichen werden, so die Forderung.
Der Bundesgerichtshof teilte die Bedenken der Verbraucherschützer nicht. Zwar unterfallen für Allgemeine Geschäftsbedingungen, zu denen der BGH auch das Informationsschreiben zählt, grundsätzlich einer sehr strengen Inhaltskontrolle. Für die ärztliche Aufklärung gebe es aber Sonderregeln.

Sonderregelung für Aufklärungsformulare

So sei es beispielsweise vorgeschrieben, dass dem Patienten Abschriften von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen seien. Diese Regelung liefe ins Leere, so der BGH, würde man Patientenformulare der allgemeinen AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterwerfen.
Auch eine Streichung der angegriffenen Formulierung, die Untersuchung sei „ärztlich geboten“, hielten die Karlsruher Richter nicht für geboten, da sie die Gesamtaussage des Formulars jedenfalls nicht wesentlich verändern würden.

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