Muss jede Schwangere über die Risiken eines Kaiserschnitts aufgeklärt werden?
Ob eine Frau von vorneherein für einen Schnittentbindung votiert oder eine vaginale Geburt wünscht, ist eine höchstpersönliche Entscheidung – zumindest, solange im Kreißsaal keine Komplikationen auftreten. Entsprechend schwierig ist oft die Frage zu beantworten, ob und wann eine Aufklärung der werdenden Mutter über eine mögliche Sectio zu erfolgen hat.
Grundsätzlich gilt: Ärzte in einer normalen Entbindungssituation müssen einer Schwangeren nicht von sich aus die Möglichkeit einer Schnittentbindung nahebringen auch nicht in prophylaktisch über deren Chancen und Risiken aufklären. Das gilt jedenfalls in Fällen, in denen ein Kaiserschnitt medizinisch nicht indiziert ist und deshalb keine echte Alternative zur vaginalen Geburt darstellt (vgl. bereits BGH, Az. VI ZR 509/17).
Ärzte müssen (potenzielle) Gefahren bei der Geburt antizipieren
Anders stellt sich die Lage dar, wenn bei einer vaginalen Geburt ernstzunehmende Gefahren für das Kind zu befürchten sind und daher im Interesse des Ungeborenen gewichtige Gründe für eine Schnittentbindung sprechen. Stellt sich diese Variante unter Berücksichtigung der Konstitution und der Befindlichkeit der Mutter als medizinisch verantwortbare Alternative dar, muss der Arzt die Frau über die für sie und das Kind bestehenden Risiken sowie über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Entbindungsmethoden aufklären.
Das gleiche gilt, wenn aufgrund konkreter Umstände die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass im Laufe des Geburtsvorganges eine Schnittentbindung nötig werden könnte. Auch in einer solchen Konstellation müssen der Schwangeren die Risiken beider Geburtsvarianten aufgezeigt werden.
Dabei ist stets eine Abwägung zwischen den Gefahren für das Kind und jenen für die Mutter zu treffen.
Im Zweifel sind mehrere Aufklärungsgespräche angezeigt
Diese Linie der Rechtsprechung zur vorgezogenen Aufklärung über einen Kaiserschnitt spielt in Arzthaftungsfällen, in denen es um Geburtsschäden geht, eine große Rolle. Dies gilt umso mehr, als eine Aufklärung vor der Geburt nicht immer ausreichende ist.
Je nachdem, wie sich Schwangerschaft und Geburtsvorgang entwickeln, kann vielmehr eine erneute Aufklärung über die Möglichkeit der Sectio geboten sein, um der Mutter eine informierte Entscheidung zu ermöglichen.
Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Medizinrecht
Da es bei der Betreuung von Schwangeren und der Geburt stets um das Wohl von Mutter und Kind geht, ist dieses Gebiet besonders häufig Gegenstand von Arzthaftungsprozessen: Fehler bei der Aufklärung der Schwangeren sind häufig und können, ebenso wie Behandlungsfehler, eine Haftung des Arztes oder der Klinik begründen.
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Wie die Aussichten in Ihrem konkreten Fall stehen, kann Rechtsanwalt Jürgen Wahl als Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht gut beurteilen.
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